In unserer Beitragsreihe „Die Grundlagen der Verrechnungspreise“ werden wir in den kommenden Wochen die Grundlagen der Verrechnungspreise näher beleuchten und einen ersten Überblick über das Thema geben.
verständlich. einfach. praxisnah.
Unsere Kurzbeiträge richten sich sowohl an Interessierte mit ersten Berührungspunkten zum Thema Verrechnungspreise als auch an erfahrene Verrechnungspreispraktiker. Nach einem Einstieg in die Grundlagen und Begrifflichkeiten tauchen wir im weiteren Verlauf der Beitragsreihe zunehmend in Details und praktische Implikationen ein und freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.
Unser heutiges Thema: Was sind Verrechnungspreise und für wen sind sie relevant?
What are transfer prices?
Multinationale Unternehmensgruppen (Konzerne) sind in verschiedenen Ländern wirtschaftlich tätig. In den meisten Fällen werden diese Tätigkeiten durch eigenständige Gesellschaften ausgeübt, die in ihrem jeweiligen Land steuerlich selbstständig zu behandeln sind. Unternehmen, die einem solchen internationalen Konzernverbund angehören, müssen wie jedes unabhängige Unternehmen, ihre Einkünfte gesondert ermitteln und alle wirtschaftlichen Liefer- und Leistungsbeziehungen (z.B. Warenlieferungen, Dienstleistungen und Nutzungsüberlassungen) erfassen. Dazu gehören nicht nur die Liefer- und Leistungsbeziehungen mit fremden Dritten, sondern in gleicher Weise auch die mit verbundenen Konzernunternehmen. Aus diesem Grund müssen auch für Liefer- und Leistungsbeziehungen innerhalb des Konzernverbundes Preise – so genannte Verrechnungspreise – festgelegt werden.
Anders als bei Geschäften mit fremden Dritten besteht bei Geschäftsbeziehungen zwischen verbundenen Unternehmen eines Konzerns nicht notwendigerweise ein vergleichbarer wirtschaftlicher Interessengegensatz. In einem freien Markt, der von gegensätzlichen wirtschaftlichen Interessen geprägt ist, bilden sich Marktpreise in der Regel durch das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage, also durch Wettbewerb. Bei Verrechnungspreisen fehlt in der Regel dieser freie Wettbewerb zur Ermittlung marktüblicher Preise, weshalb Verrechnungspreise grundsätzlich die Möglichkeit der Gewinnverlagerung in sich bergen. Um möglichen Gewinnverlagerungen steuerlich durch eine Korrektur der Verrechnungspreise entgegenzuwirken, wurde international der Arm's length principle definiert.
Der Fremdvergleichsgrundsatz
Vereinfacht ausgedrückt verlangt der Fremdvergleichsgrundsatz, dass Geschäftsbeziehungen zwischen nahestehenden Personen (Unternehmen) zu gleichen oder vergleichbaren Bedingungen wie mit unabhängigen Dritten abgewickelt werden.
Im deutschen Außensteuergesetz heißt es in § 1 Abs. 1 dazu:
„Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen, insbesondere Preise (Verrechnungspreise), zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären.“
Die Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes auf Grundlage nationaler und internationaler Konkretisierungen wird in den kommenden Wochen in weiteren Beiträgen näher dargestellt und erläutert.
For whom is transfer pricing relevant?
Die Festsetzung von Verrechnungspreisen ist eine der wichtigsten steuerlichen und betriebswirtschaftlichen Herausforderungen für multinationale Unternehmen, die Waren, Dienstleistungen oder Rechte zwischen verbundenen Unternehmen innerhalb ihres Konzerns übertragen. Die steuerlichen Vorschriften zu Verrechnungspreisen gewinnen zunehmend an Bedeutung, wenn multinationale Unternehmen ihre konzerninternen Preisvereinbarungen global festlegen. Immer umfangreichere Dokumentationspflichten, erhöhte Transparenzanforderungen sowie verschärfte Sanktionen erfordern eine regelmäßige Überprüfung und Kontrolle der Verrechnungspreisstrukturen sowie der Verrechnungspreisdokumentation international tätiger Unternehmen. Eine individuell angepasste Verrechnungspreisstrategie sowie deren effektive Umsetzung unter Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes sind daher für international tätige Unternehmen mit grenzüberschreitenden Liefer- und Leistungsbeziehungen unerlässlich. Dies gilt insbesondere dann, wenn ein Unternehmen weitere ausländische Konzerneinheiten integriert, eine Anpassung des Geschäftsmodells anstrebt oder sich die (inter-)nationalen Verrechnungspreisvorschriften ändern.
In unserem nächsten Beitrag: Der nationale und internationale Rahmen – Gesetze, Leitlinien, Konsens?