In unserer neuen Beitragsreihe „Verrechnungspreise in der Praxis“ beleuchten wir Themen, die im Zusammenhang mit Verrechnungspreisen immer wieder diskutiert werden und für viele Unternehmen von hoher Relevanz sind. Darüber hinaus geben wir Erfahrungswerte aus der Praxis weiter – und zwar in der gewohnten Form.
verständlich. einfach. praxisnah.
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Die Kostenverrechnung aus Verrechnungspreissicht (Teil 2)
In diesem Beitrag widmen wir uns einem Klassiker im Bereich der Verrechnungspreise: Der Verrechnung von Kosten zwischen verbundenen Unternehmen eines Konzerns.
In Teil 1 unseres Beitrags zur Kostenverrechnung aus Verrechnungspreissicht haben wir neben einer allgemeinen Einführung und der Darstellung der fünf Schritte aus praktischer Sicht insbesondere die Entgeltfähigkeit dem Grunde nach (also ob Kosten überhaupt verrechenbar sind) behandelt. Den Teil 1 unseres Beitrags finden Sie hier: Teil 1
Kurze Erinnerung zum Aufbau des Beitrags: Um Ihnen einen ganzheitlichen Blick auf das Thema zu ermöglichen bzw. Ihre Erfahrungen zu spiegeln, beleuchtet dieser Beitrag das Thema der sachgerechten Kostenverrechnung in einer Weise, die bei richtiger Anwendung auch zukünftigen Stresstests (z.B. einer steuerlichen Außenprüfung) standhält.
Aus der Erfahrung sind die folgenden fünf Schritte notwendig, um eine sachgerechte Verrechnung von Kosten aus Verrechnungspreissicht vorzunehmen und zu belegen:
Schritt 1: Prüfung der Entgeltfähigkeit von Kosten dem Grunde nach
Schritt 2: Ermittlung der Kostenbasis der Höhe nach, einschließlich der Identifikation der Kosten,
- die direkt zugeordnet werden können
- die nur indirekt zugeordnet/umgelegt werden können
- die nicht umlagefähig sind
Schritt 3: Segmentierung der Kostenbasis bei unterschiedlichen Wertschöpfungsbeiträgen der kostenverursachenden Transaktion
Schritt 4: Auswahl einer geeigneten unterjährigen Verrechnung von Kosten und Erwägung eines Soll-Ist-Abgleichs (Jahresendanpassungen)
Schritt 5: Auswahl und Anwendung der geeigneten Verrechnungspreismethode
Thema dieses Beitrags ist Schritt 2: die Ermittlung der Kostenbasis der Höhe nach inklusive des Prozesses der Kostenverrechnung.
Schritt 2: Ermittlung der Kostenbasis der Höhe nach und die Art der Verrechnung
Nachdem die Entgeltfähigkeit von Kosten dem Grunde nach geklärt ist, stellt sich die anschließende Frage nach der Höhe der zu verrechnenden Kosten. Während dies bei singulären Dienstleistungstransaktionen oder Käufen (z.B. Kauf eines Laptops bei einem einzelnen Händler) relativ einfach möglich ist, ist dies bei zentral erbrachten Dienstleistungen in einem multinationalen Konzern regelmäßig komplexer. In der Praxis werden die Leistungen und die damit verbundenen Kosten einzelner Konzerneinheiten nicht direkt, sondern indirekt an andere Konzerngesellschaften abgerechnet. Bevor auf die einzelnen Kostenarten und ihren Einfluss auf die Höhe der abzurechnenden Kosten eingegangen wird, soll daher zunächst auf den Prozess der Kostenverrechnung (direkte vs. indirekte Abrechnung) eingegangen werden.
Bei der direkten Abrechnung werden Kosten, z.B. von einem Leistungserbringer an einen Leistungsempfänger, direkt verrechnet. Dies setzt voraus, dass die mit den Kosten im Zusammenhang stehenden Leistungen dem Rechnungsempfänger eindeutig zugeordnet werden können. In unserem Eingangsbeispiel könnte dies z.B. der Kauf eines Laptops und dessen Einrichtung durch Unternehmen A zum Nutzen von Unternehmen B sein. Es gilt also sinngemäß: Die direkte Abrechnung erfolgt von einem Leistungserbringer an einen einzelnen Leistungsempfänger.
Bei der indirekten Abrechnung werden Kosten z.B. von einem Leistungserbringer an mehrere Leistungsempfänger verrechnet. Da es in der Praxis meist nicht möglich ist, die Kosten eindeutig zu segmentieren und den einzelnen Leistungsempfängern den wirtschaftlich exakten Anteil an den Kosten zuzurechnen, werden die Kosten indirekt über eine Aufteilung mittels sachgerechter Verteilungsschlüssel (auch Umlageschlüssel oder Allokationsschlüssel genannt) abgerechnet. Dies steht auch im Einklang mit den VWG VP (vgl. Tz. 3.78) und den OECD-VPL (vgl. Tz. 7.23 bis 7.26), wonach indirekte Abrechnungen (Konzernumlagen) mittels eines sachgerechten Verteilungsschlüssels anerkannt werden, wenn eine direkte Zuordnung bei den beteiligten Unternehmen nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich wäre.
Die Wahl eines sachgerechten Verteilungsschlüssels sollte auf der Basis der folgenden Grundsätze erfolgen. Dabei kann es durchaus sachgerecht sein, dass mehr als ein Verteilungsschlüssel angewendet wird. Aus sprachlichen Gründen ist nachfolgend jedoch der Singular gewählt Die Bestimmung des geeigneten Verteilungsschlüssels hängt von der Art der Dienstleistungen ab. Für alle Konzernumlagen, die sich auf dieselbe Dienstleistungskategorie beziehen, ist derselbe Verteilungsschlüssel zu verwenden. In Übereinstimmung mit den OECD-VPL, Tz. 7.24, sollte der gewählte Verteilungsschlüssel für die Kosten der betreffenden Dienstleistungskategorie(n) die Höhe der Vorteile, die die einzelnen Empfänger von der betreffenden Dienstleistung erwarten können, angemessen widerspiegeln. Selbiges gilt für die zugrunde liegende Nachfrage nach den betreffenden Dienstleistungen. Beispielsweise könnte der Verteilungsschlüssel für personalbezogene Dienstleistungen auf dem Anteil der einzelnen Unternehmen an der Gesamtzahl der Mitarbeiter des gesamten Konzerns basieren, für IT-Dienstleistungen könnte der Anteil an der Gesamtzahl der Benutzer verwendet werden, für Dienstleistungen im Bereich des Fuhrparkmanagements könnte der Anteil an der Gesamtzahl der Fahrzeuge verwendet werden und für Unterstützungsleistungen im Rechnungswesen könnte der Anteil an allen relevanten Geschäftsvorfällen oder der Anteil an der Bilanzsumme verwendet werden. In vielen Fällen kann der Anteil am Gesamtumsatz ein geeigneter Verteilungsschlüssel sein.
Hinweis: In der Praxis zeigt sich immer wieder, dass eine Begriffsabgrenzung sinnvoll ist, bevor es zu Missverständnissen bei der Verwendung der Begriffe „direkt“ und „indirekt“ kommt.
Im Gegensatz zur direkten oder indirekten Abrechnung spricht man bei den direkten und indirekten Kosten von den mit den Leistungen/Kosten verbundenen Einzel- und Gemeinkosten – also z.B. Personalkosten und ein Gemeinkostenanteil bei Leistungen des Leistungserbringers.
In multinationalen Unternehmensgruppen gibt es in der Regel eine Vielzahl zentral erbrachter Leistungen (z.B. durch eine zentrale Konzerneinheit mit oder ohne Einbindung weiterer ‘Shared Service Center’ oder ‘Centers of Excellence’). In der Praxis können dann vermeintlich einfache Abrechnungsvorgänge eine hohe Komplexität annehmen.
In einigen Fällen erfolgt vor der indirekten Abrechnung (Umlage) von Kosten durch eine einzelne Konzerneinheit eine vorherige ‚Aufladung‘ mit Kosten anderer Konzerneinheiten. ‚Aufladen‘ bedeutet in diesem Zusammenhang, dass alle Kosten zunächst zentral bei einer Konzerneinheit gesammelt werden, bevor sie von dieser an die Leistungsempfänger weiterverrechnet werden. In der Regel handelt es sich dabei um den Strategieführer (Entrepreneur) oder ein Dienstleistungszentrum des Konzerns. Bei der Sammlung und Weiterverrechnung der Kosten sind einige Aspekte zu beachten. Dazu gehören z.B.
- die unterschiedlichen Wertschöpfungsbeiträge der Leistungen (die u.a. Einfluss auf die anzuwendenden Gewinnaufschläge haben);
- die Vermeidung von Kaskadeneffekten;
- die Segmentierung und der Abzug von Kosten, die zum eigenen Nutzen (aus Sicht des Strategieführers) anfallen; sowie
- die Berücksichtigung von Gesellschafteraufwand.
Von Kaskadeneffekten spricht man in der Verrechnungspreispraxis, wenn auf dieselbe Leistung mehrfach ein Gewinnaufschlag erhoben wird. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn der Strategieführer Dienstleistungskosten bei sich ansammelt, diese bereits fremdüblich gegenüber den konzerninternen Dienstleistern mit einem Gewinnaufschlag vergütet und diese Kosten dann seinerseits mit einem (weiteren) Gewinnaufschlag über eine indirekte Abrechnung an die konzerninternen Leistungsempfänger weiter verrechnet. Um diese Kaskadeneffekte zu vermeiden, ist es notwendig, die indirekt zu verrechnenden Kosten zu segmentieren und zumindest grundsätzlich in zwei Komponenten zu unterteilen. Zum einen in (interne und externe) Kosten, auf die bereits ein Gewinnaufschlag für erbrachte Wertschöpfung aufgeschlagen wurde, und zum anderen in Kosten, auf die noch ein Gewinnaufschlag für eigene Wertschöpfungsbeiträge aufzuschlagen ist. Das Thema Wertschöpfungsbeiträge und Gewinnaufschläge wird im folgenden Abschnitt näher erläutert.
Gesellschafteraufwand ist nicht entgeltfähig. Gesellschafteraufwand ist der durch die Tätigkeit oder Leistung eines Unternehmens der multinationalen Unternehmensgruppe veranlasste Aufwand, der aufgrund der Stellung oder der Pflichten einer kapital- oder vermögensmäßigen Beteiligung verursacht ist (vgl. Tz. 3.69 VWG VP und Tz. 7.9 OECD-VPL). Insbesondere sind dies Tätigkeiten oder Leistungen
- des Vorstands, des Aufsichtsrats oder vergleichbarer ausländischer Leitungs- oder Kontrollgremien;
- im Zusammenhang mit Gesellschafterversammlungen, der Ausgabe von Anteilen am Kapital und der Börsennotierung des Gesellschafters;
- im Zusammenhang mit der rechtlichen Organisation der multinationalen Unternehmensgruppe als solcher;
- im Zusammenhang mit dem Schutz und der Verwaltung der Beteiligungen einschließlich Führungs- und Kontrolltätigkeiten;
- im Zusammenhang mit der Unternehmensgruppenführung.
Abschließend zu diesem Abschnitt sei noch darauf hingewiesen, dass es in der Regel nicht nur einen richtigen Weg gibt, sondern in vielen Fällen verschiedene Wirkungsweisen parallel angewendet werden müssen. So stehen die direkte und indirekte Verrechnung nicht im Widerspruch zueinander. Vielmehr ist es geboten, zunächst alle Kosten, die direkt zugeordnet werden können, auch direkt abzurechnen. Nur für den verbleibenden Teil der Kosten, für den eine direkte Abrechnung nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand möglich ist, ist eine indirekte Abrechnung im Wege der Konzernumlage sachgerecht. Darüber hinaus erfolgt nicht in jedem Konzern eine Sammlung und anschließende (Weiter-)Verrechnung der Kosten. So kann eine gegenseitige Verrechnung auch direkt zwischen den Konzerneinheiten erfolgen (z.B. bei einem spezialisierten Dienstleistungszentrum des Konzerns).
Die weiteren Schritte zur sachgerechten Kostenverrechnung im Konzern sowie praxisrelevante Aspekte werden in den kommenden Wochen im Rahmen der nächsten Beiträge näher erläutert.
Vielen Dank für Ihr Interesse und bis bald!