In unserer Beitragsreihe „Die Grundlagen der Verrechnungspreise“ beleuchten wir die Grundlagen der Verrechnungspreise und geben einen ersten Überblick über das Thema.
verständlich. einfach. praxisnah.
Unsere Kurzbeiträge richten sich sowohl an Interessierte mit ersten Berührungspunkten zum Thema Verrechnungspreise als auch an erfahrene Verrechnungspreispraktiker. Nach einem Einstieg in die Grundlagen und Begrifflichkeiten tauchen wir im weiteren Verlauf der Beitragsreihe zunehmend in Details und praktische Implikationen ein und freuen uns auf den Austausch mit Ihnen.
Unser heutiges Thema: Die geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden
Aufbauend auf unserem Grundlagenbeitrag zum Angemessenheitsnachweis als Teil der Verrechnungspreissystematik und damit auch der Verrechnungspreisdokumentation widmet sich dieser Beitrag dem Thema der Verrechnungspreismethoden. Aus dem Beitrag zum Angemessenheitsnachweis wissen wir, dass sowohl die Auswahl der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode als auch ihre Anwendung immer vom Funktions- und Risikoprofil der beteiligten Transaktionsparteien abhängt.
Wir beginnen diesen Beitrag mit einer kurzen Wiederholung der Verrechnungspreismethoden im Allgemeinen, falls Sie unseren ersten Teil zu den Verrechnungspreismethoden nicht gelesen haben (Thema des ersten Teils sind die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden):
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Obwohl alle Verrechnungspreismethoden das Ziel verfolgen, die Fremdüblichkeit der gewählten Verrechnungspreise zu ermitteln bzw. nachzuweisen und auch alle Verrechnungspreismethoden gleichermaßen die ausgeübten Funktionen, übernommenen Risiken und eingesetzten Vermögenswerte berücksichtigen, ist die tatsächliche Anwendung der verschiedenen Verrechnungspreismethoden sehr unterschiedlich.
Die Grundsätze der OECD-Verrechnungspreisleitlinien in Bezug auf die Verrechnungspreismethoden, die gemäß den Verwaltungsgrundsätzen Verrechnungspreise vom 6. Juni 2023 anzuwenden sind, nennen zwei Arten von Verrechnungspreismethoden, die bei der Durchführung des Angemessenheitsnachweises bei Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen anzuwenden sind:
- die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden; und
- die geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden.
Die geschäftsvorfallbezogenen Standardmethoden (im Folgenden nur „Standardmethoden“) betrachten zur Führung des Angemessenheitsnachweises Preise oder Bruttomargen, die auch fremde Dritte vereinbart hätten. Bei den gewinnorientierten Verrechnungspreismethoden werden die Gewinne der verbundenen Unternehmen mit den Gewinnen vergleichbarer dritter Unternehmen verglichen, um festzustellen, ob die gewählten Verrechnungspreise der verbundenen Unternehmen dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.
Die Standardmethoden umfassen folgende Verrechnungspreismethoden:
- die Preisvergleichsmethode (Comparable Uncontrolled Price Method);
- die Wiederverkaufspreismethode (Resale Price Method); und
- die Kostenaufschlagsmethode (Cost Plus Method).
Die geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden umfassen folgende Verrechnungspreismethoden:
- die Gewinnaufteilungsmethode (Profit Split Method); und
- die transaktionsbezogene Nettomargenmethode (Transactional Net Margin Method).
Nach den deutschen Verrechnungspreisvorschriften und den OECD-Verrechnungspreisleitlinien ist diejenige Verrechnungspreismethode anzuwenden, die für die zugrundeliegende Geschäftsbeziehung am besten geeignet ist. Eine Methodenhierarchie wird dabei nicht per se vorgeschrieben. In Fällen, in denen sowohl eine Standardmethode als auch eine Gewinnmethode gleichermaßen zuverlässig angewendet werden können, ist jedoch der Standardmethode der Vorzug zu geben. Darüber hinaus sind im Einklang mit den deutschen Verrechnungspreisvorschriften sowie den OECD-Verrechnungspreisleitlinien auch andere als die genannten Methoden der Preisermittlung zulässig, sofern die ermittelten Verrechnungspreise dem Fremdvergleichsgrundsatz entsprechen.
Bei der Auswahl einer geeigneten Verrechnungspreismethode sind die nachfolgenden Überlegungen in Betracht zu ziehen:
- Welche Stärken oder Schwächen haben die jeweiligen Verrechnungspreismethoden?
- Schließt das vorliegende Funktions- und Risikoprofil der Transaktionsparteien ggf. bereits einzelne Verrechnungspreismethoden aus?
- Welche Anforderungen werden an die Vergleichbarkeit der konzerninternen Transaktionen zu Fremdtransaktionen gestellt?
- Welche Informationen sind vorhanden und wie zuverlässig sind diese?
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Dieser Beitrag befasst sich im Folgenden mit den geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden (im weiteren Verlauf nur „Gewinnmethoden“).
An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Grundlagenreihe auf die allgemeinen Wirkungsweisen und Eigenschaften eingegangen wird. Eine Konkretisierung sowie praktische Hinweise zur Anwendung werden in zukünftigen Beiträgen gesondert beleuchtet.
Die geschäftsvorfallbezogenen Gewinnmethoden
Obwohl die Standardmethoden in der Verrechnungspreispraxis den direktesten Weg darstellen, um den Angemessenheitsnachweis zu führen, kann es Fälle geben, in denen die Standardmethoden nicht anwendbar sind oder zu keinen verlässlichen Ergebnissen führen. In Fällen, in denen keine der Standardmethoden verlässlich angewendet werden kann, sehen die Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise vom 6. Juni 2023 sowie die OECD-Verrechnungspreisleitlinien die Anwendung von Gewinnmethoden vor, um die Angemessenheit der Verrechnungspreise für Transaktionen zwischen verbundenen Unternehmen zu überprüfen bzw. zu belegen.
Die Gewinnmethoden untersuchen die Gewinne aus konzerninternen Transaktionen und vergleichen diese mit den Gewinnen, die voneinander unabhängige Marktteilnehmer unter vergleichbaren Umständen erzielen oder erzielt hätten. Die OECD-Verrechnungspreisleitlinien nennen hierbei die Gewinnaufteilungsmethode und die transaktionsbezogene Nettomargenmethode (im weiteren Verlauf nur “TNMM”), die nachfolgend näher beleuchtet werden.
- Die Gewinnaufteilungsmethode(n)
Wenn Geschäftsbeziehungen sehr eng miteinander verbunden oder sogar voneinander abhängig sind, kann es vorkommen, dass eine getrennte Beurteilung einzelner Geschäftsvorfälle oder Gruppen von Geschäftsvorfällen nicht sinnvoll durchführbar ist. Dies ist in der Praxis regelmäßig dann der Fall, wenn folgende zwei Kriterien zutreffen:
- Es resultieren Gewinne aus Transaktionen, deren Wertschöpfung maßgeblich auf dem Einsatz immaterieller Werte beruht; und
- Beide Transaktionsparteien haben zur Schaffung dieser immateriellen Werte beigetragen oder jeweils eigene immaterielle Werte eingebracht.
In solchen Fällen sind nach den OECD-Verrechnungspreisleitlinien sogenannte zweiseitige Verrechnungspreismethoden wie die Gewinnaufteilungsmethode angemessen. Zweiseitige Verrechnungspreismethoden berücksichtigen beide Transaktionsparteien, während die Prüfung der Angemessenheit mittels einseitiger Verrechnungspreismethoden nur auf der Basis einer der beteiligten Transaktionsparteien erfolgt (z.B. bei der Kostenaufschlagsmethode, der Wiederverkaufspreismethode und der TNMM). Einseitige Verrechnungspreismethoden sind bei hochintegrierten Geschäftsaktivitäten weniger zuverlässig anwendbar. Die Gewinnaufteilungsmethode bietet daher einen Flexibilitätsvorteil, indem sie einerseits die besonderen Umstände der Transaktion berücksichtigt und andererseits durch die Berücksichtigung aller Transaktionsparteien eine Preissimulation wie zwischen fremden Dritten ermöglicht.
Die Gewinnaufteilungsmethode verteilt die Gewinne (und Verluste!) aus konzerninternen Transaktionen entsprechend dem Verhältnis der Beiträge der einzelnen Transaktionspartner zur Erzielung dieser gemeinsamen Gewinne (oder Verluste). Wie bei allen Verrechnungspreismethoden werden die jeweiligen Beiträge aus den ausgeübten Funktionen, den übernommenen Risiken und den eingesetzten (immateriellen) Werten abgeleitet (die Funktions- und Risikoanalyse).
In der Praxis sind zwei verschiedene Ausprägungen der Gewinnaufteilungsmethode denkbar. Die (reine) Gewinnaufteilungsmethode und die Restgewinnaufteilungsmethode.
Bei beiden Ausprägungen der Gewinnaufteilungsmethode ist zunächst der Gesamtgewinn aus der gemeinsamen wirtschaftlichen Tätigkeit zu ermitteln. Während dieser nun im Rahmen der (reinen) Gewinnaufteilungsmethode auf Basis der objektiven Wertschöpfungsbeiträge oder einer beobachteten Gewinnaufteilung zwischen fremden Dritten aufgeteilt wird, erfolgt im Rahmen der Restgewinnaufteilungsmethode noch ein weiterer, vorgelagerter Schritt.
Die Restgewinnaufteilungsmethode (auch Residualgewinnaufteilungsmethode) folgt somit einem zweistufigen Verfahren. Auf der ersten Stufe werden den beteiligten Transaktionsparteien zunächst die nicht einzigartigen Wertschöpfungsbeiträge vergütet. Dies sind in der Regel die weniger komplexen Beiträge, für die verlässliche Fremdvergleichswerte gefunden werden können. In der Regel wird diese anfängliche Vergütung durch Anwendung einer der Standardmethoden oder der TNMM bestimmt, um die Vergütung zu ermitteln, die unabhängige Unternehmen bei vergleichbaren Transaktionen erhalten würden.
Diese Vergütungsbestandteile reduzieren dann den ermittelten Gesamtgewinn. Nachdem alle beteiligten Transaktionsparteien im Rahmen der ersten Stufe für ihre nicht einzigartigen Beiträge vergütet wurden, wird im Rahmen der zweiten Stufe der verbleibende Restgewinn unter den beteiligten Transaktionsparteien aufgeteilt. Dies erfolgt analog zur Anwendung der (reinen) Gewinnaufteilungsmethode auf Basis der objektiven Wertschöpfungsbeiträge oder einer beobachteten Gewinnaufteilung zwischen fremden Dritten.
- Die transaktionsbezogene Nettomargenmethode
Die transaktionsbezogene Nettomargenmethode ist eine Gewinnmethode, die die Nettogewinnmarge untersucht, die ein Steuerpflichtiger mit einer konzerninternen Transaktion im Vergleich zu einer geeigneten Bezugsgröße (z.B. Umsatz oder Kosten) erzielt. Gleiches gilt für Gruppen von Transaktionen, soweit diese nach den Grundsätzen des Kapitels III der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zusammengefasst werden können. Die Nettogewinne aus konzerninternen Transaktionen werden mit den Nettogewinnen verglichen, die unabhängige Marktteilnehmer bei vergleichbaren Transaktionen erzielen würden.
Die TNMM ist eine einseitige Verrechnungspreismethode. Um die TNMM verlässlich anwenden zu können, wird die TNMM regelmäßig auf der Seite der Transaktionspartei der konzerninternen Transaktion angewendet, deren Funktions- und Risikoprofil am wenigsten komplex ist. Der Grund hierfür liegt darin, dass für diese weniger komplexen Funktions- und Risikoprofile regelmäßig verlässlichere Vergleichswerte identifiziert werden können bzw. die Notwendigkeit etwaiger Anpassungsrechnungen reduziert wird. Eine Anwendung der TNMM auf Transaktionsparteien, die immaterielle Werte einsetzen, erfolgt in der Regel nicht (mit Ausnahme der Anwendung der TNMM auf der ersten Stufe der Residualgewinnaufteilungsmethode, wie zuvor in diesem Beitrag beschrieben).
Im Rahmen der TNMM wird die Nettomarge anhand einer geeigneten Rentabilitätskennzahl (engl.: Profit Level Indicator, kurz PLI) gemessen und mit „fremdüblichen“ Nettomargen voneinander unabhängiger Marktteilnehmer verglichen. In der Praxis werden regelmäßig die operative Marge (z.B. bei der Beurteilung der Vertriebsvergütung) und der Netto- oder Vollkostenaufschlag (z.B. bei der Beurteilung der Höhe der Gewinnmarge im Rahmen der Anwendung der Kostenaufschlagsmethode) herangezogen.
Die TNMM funktioniert ähnlich wie die Kostenaufschlagsmethode und die Wiederverkaufspreismethode. Diese Ähnlichkeit bedingt jedoch auch ähnliche Anforderungen an die Vergleichbarkeit wie bei den Standardmethoden. Dementsprechend ist analog eine Funktions- und Risikoanalyse erforderlich, um festzustellen, ob die Transaktionen vergleichbar sind und welche Anpassungen gegebenenfalls erforderlich sind, um verlässliche Ergebnisse zu erzielen. Nach den deutschen Verrechnungspreisvorschriften sowie den OECD-Verrechnungspreisleitlinien wird die TNMM angewendet, wenn es um die Angemessenheitsanalyse von Transaktionen mit mindestens einem Routineunternehmen geht (wir verweisen auf unsere Ausführungen zur Unternehmenscharakterisierung in unserem Beitrag zum Angemessenheitsnachweis).
Grundsätzlich kann jedoch festgehalten werden, dass für zuverlässige Ergebnisse eine geringere funktionale Vergleichbarkeit als bei den Standardmethoden erforderlich ist. Außerdem ist eine geringere Produktähnlichkeit als bei den Standardmethoden erforderlich. Die Möglichkeit der Durchführung von Anpassungsrechnungen zur Erhöhung der Vergleichbarkeit gilt analog zu allen anderen Verrechnungspreismethoden.